Montag, Dezember 11, 2006

Realsatire im „Tagesspiegel“: „Zahlen können auch verschleiern“

Als vor wenigen Tagen der Präsident des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte Deutschland scharf kritiserte, weil hierzulande die Menschenrechte von Vätern mit Füßen getreten werden, blieb das in den deutschen Medien so unerwähnt wie erwartet. Klar, es ging ja auch um Männer. Wenn es um Frauen geht, sind die Medien schnell bei der Hand – so etwa der Berliner “Tagesspiegel“:

Drei Frauen diskutierten am Freitag am Deutschen Institut für Menschenrechte in Berlin über das Thema speziell in Deutschland. (...) Es ging ihnen nicht darum, die schlechtere Situation von Frauen mit Zahlen zu belegen. Sie berichteten von ihren täglichen Erfahrungen. So seien es vor allem Frauen, die in schwierige soziale Situationen geraten – wegen Scheidungen, wegen Kindern, wegen unsicherer Arbeitsverhältnisse wie Minijobs. Zahlen könnten auch verschleiern. Dem jüngsten Armutsbericht zufolge sind 13 Prozent der Deutschen von Armut gefährdet – zwölf Prozent der Männer und 14 Prozent der Frauen. Doch von den Alleinerziehenden, die Sozialhilfe beziehen, sind 97 Prozent Frauen.


Welche Zahlen verschleiern eigentlich? Die 97 Prozent an Frauen unter den der Alleinerziehenden, die Sozialhilfe beziehen, oder die 90 Prozent an Männern unter allen Menschen, die hierzulande ohne jede Unterkunft auf der Straße leben? Lassen Sie mich raten: Es verschleiern all jene Zahlen, die von einer großen Not der Männer sprechen, während Zahlen und insbesondere die „täglichen Erfahrungen“ von Mitarbeitern eines Hilfsystems, das vor allem auf Frauen ausgerichtet ist, die reine Wahrheit verkünden. Hauptsache, zum Schluss sind Opfer grundsätzlich weiblich, während wir über männliche Opfer den nicht sehr wärmenden Mantel des Schweigens decken.

Aber der „Tagesspiegel“ bzw. die von ihm zitierten Frauen legen glatt noch eins drauf:

Abhängigkeit sei oft die Hauptursache für die schlechtere Situation von Frauen. „Frauen, die zu mir kommen, sind erst von dem Elternhaus, dann vom Partner und dann vom Staat abhängig. Sie haben keine Vorstellung davon, was es bedeutet, auf eigenen Füßen zu stehen“, kritisiert die Ärztin Franz. Brigitte Sellach hingegen ist überzeugt, dass Frauen sich aus eigener Kraft aus schwierigen Lebenssituation befreien könnten, wenn sie die Ressourcen dazu hätten – und da reiche finanzielle Hilfe allein nicht aus. „Viele Hilfsangebote gehen vom Mann aus – die Frauen bleiben dabei auf der Strecke.“


Das ist natürlich wirklich gemein von uns Männern: Machen wir den Frauen doch ständig Hilfsangebote und halten sie so im Zustand der Abhängigkeit. Das muss wirklich aufhören! Den armen Frauen zuliebe: Erst lassen sie sich ihr Leben vom Elternhaus finanzieren, dann vom Partner und schließlich vom Staat - während wir bösen Männer heimtückischerweise einfach arbeiten gehen, um uns zu ernähren. Oder scheitern und obdachlos werden. Aber selbst dann richtet sich die öffentliche Aufmerksamkeit zuvorderst auf das weibliche Geschlecht. So wird die Frauenfeindlichkeit unserer Gesellschaft aufrecht erhalten. Schluss damit! Lassen Sie uns gemeinsam diesen Teufelskreis durchbrechen.

Leserbriefadresse des „Tagesspiegel“: leserbriefe@tagesspiegel.de

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