Freitag, Mai 22, 2015

Auch die Grünen von heute haben keinerlei Mitgefühl mit Jungen

Inzwischen steht der Bericht der Berliner Grünen zu ihrer pädophilen Vergangenheit online. Bemerkenswert sind darin unter anderem die Passagen zu den Opfern auf Seite 85 – Opfer, bei denen es sich ausschließlich Jungen handelte und die der Partei damals keinen Gedanken wert waren:

Die Recherche hat ergeben, dass das sexuelle Interesse der bekannten Täter ausschließlich auf Jungen gerichtet war. Frauke Homann (damals Sozialarbeiterin in Kreuzberg) hat in einem beeindruckenden Zeitzeugeninterview ihre Arbeit mit betroffenen Jungen in Kreuzberg geschildert, die Opfer von pädosexuellen Netzwerken wurden, an denen auch Karst und Ullmann beteiligt waren. Dabei berichtet sie auch von den Schwierigkeiten, welchen sie begegnete, wenn sie sich für diese Jungen einsetzen wollte: Vor allem in den sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen habe es Opfer außerfamiliären pädosexuellen Missbrauchs gegeben. Sie waren zwar unterschiedlicher Herkunft, es handelte sich aber immer um Jungen. Seitens der linken Männer habe es bis Ende der 1980er Jahre für diese Opfer so gut wie keine Unterstützung gegeben. Ihr wurde entgegnet: "Wir wollen doch niemanden diskriminieren. Bei Jungen ist es vielleicht nicht so schlimm, bei Mädchen viel schlimmer. Im pädosexuellen Bereich ist das ja einvernehmlich, wir üben keine Gewalt aus." Als sie bei Wildwasser berichtete, dass sie von einer großen Gruppe Jungen wisse, die außerhalb der Familie von Pädosexuellen missbraucht werde, wurde ihr entgegnet: "Wir kümmern uns hier um Mädchen".

Im Herbst 1984 schrieb Andreas Salmen, Schwulen- und Aids-Aktivist, in einem Bericht über das "Forum Sexualität" im AL-Büro am 24. Oktober 1984 unter Verteidigung der Pädosexuellen: "Dass sicher der Großteil sexueller Beziehungen zwischen Erwachsenen und Kindern mit Gewalt abläuft, haben wir in der Auseinandersetzung mit schwulen Pädos (statt heterosexuellen Kindervergewaltigern) vergessen."

Dazu kamen rechtliche Rahmenbedingungen wie diese: Die Vergewaltigung eines männlichen Opfers war bis 1997 kein Straftatbestand und wurde erst dann zusammen mit der Vergewaltigung in der Ehe in das Strafgesetzbuch aufgenommen. Das heißt, dass bis dahin Vergewaltigungen männlicher Opfer lediglich als sexuelle Nötigung geahndet werden konnten.

(...) Diese einseitige Wahrnehmung von sexueller Gewalt und sexuellem Missbrauch führte dazu, dass sexuelle Übergriffe auf Jungen verharmlost wurden und der Missbrauch von Mädchen verübt durch Frauen gar nicht thematisiert wurde.


Ich habe über all diese tabuisierten Problemfelder – der viel zuwenig wahrgenommene sexuelle Missbrauch von Jungen, die Täterschaft von Frauen, das Ignorieren dieses Themas durch Organisationen wie "Wildwasser" und die sehr späte juristische Würdigung auch männlicher Opfer von Vergewaltigung – bereits 2001 in meinem Buch "Sind Frauen bessere Menschen?" geschrieben. Dieses Buch war eines der Grundlagenwerke der deutschen Männerrechtsbewegung, des deutschen Maskulismus. Auch in späteren Werken wie Rettet unsere Söhne habe ich darauf hingewiesen, wie sehr unsere Gesellschaft Jungen, die zum Opfer werden, vernachlässigt. Die in dem Bericht der Berliner Grünen angeführte Rhetorik, der zufolge ein Problem "bei Jungen nicht so schlimm und bei Mädchen viel schlimmer" ist, haben wir Männerrechtler auch in der jüngsten Debatte über Genitalverstümmelung kritisiert. Insbesondere die Mitglieder von MANNdat engagieren sich bei all diesen Themen enorm.

Wie sahen die Reaktionen der Grünen auf diese neue soziale Bewegung aus? Alles andere als aufgeklärt, interessiert und gesprächsbereit, sondern ausgrenzend und denunzierend. So sprach Barbara Unmüßig, Vorstandsmitglied der grünen Heinrich-Böll-Stiftung, von "selbsternannten Männer- und Väterrechtlern", die sich mit ihrer "Analyse(un)fähigkeit und Argumentationslogik selbst disqualifizieren" und denen man lediglich Paroli bieten müsse. Wie genau das aussehen sollte, erfuhr man wenig später durch eine von der Böll-Stiftung herausgegebene Kampfschrift Hinrich Rosenbrocks, die Männerrechtler in einem Atemzug mit dem rechtsradikalen Massenmörder Anders Breivik nannte. In einem anderen Pamphlet gegen Menschen, die sich für Jungen und Männer einsetzten, tobte der Grüne Jörg Rupp in einer kapitellangen Hasstirade, in deren Zentrum ich persönlich stand. Positiv aufgegriffen wurde das maskulistische Engagement von keinem einzigen Mitglied des grünen Lagers. Es scheint für die Mitglieder dieser Partei bis heute ein komplett inakzeptables No-Go zu sein.

Die Grünen sind nun mal eine feministische Partei, und für welches Geschlecht man sich dabei einsetzt, trägt die Bezeichnung "Feminismus" schon im Namen. Wer diese Einseitigkeit kritisiert, wird als "antifeministisch" und damit "antiemanzipatorisch" abgekanzelt, als ob er gegen die Gleichberechtigung der Geschlechter wäre.

Die Empathielosigkeit der Grünen gegenüber dem Leiden von Jungen – das ja nicht allein Opfer von sexuellem Missbrauch betrifft – ist mehr als eine Altlast vergangener Zeiten. Es gibt in diesem Bereich eine historische Kontinuität, die bis in die Gegenwart reicht. Opfer, um die man sich kümmern sollte, sind in grünen Augen immer weiblich.

Das Thema darf nicht einfach so wieder verschwinden mahnt der konservativ-christliche Journalist Klaus Kelle:

Was heute auffällt, ist, wie zurückhaltend die meisten der meinungsführenden Medien in Deutschland die aktuell bekanntgewordenen Vorgänge behandeln. Der Berliner "Tagesspiegel" ist die große positive Ausnahme. Das Blatt berichtet umfangreich und journalistisch top, so, wie es diesem Skandal angemessen ist. (...) Der Missbrauch von Kindern im nahen Umfeld der Berliner Grün-Alternativen darf jetzt nicht innerhalb von zwei Tagen zu einer Nebensächlichkeit auf den hinteren Seiten der Gazetten rutschen, um dann kommende Woche ganz vergessen zu werden.

Sie erinnern sich, als vor fünf Jahren die schrecklichen Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche bekannt wurden? Das war Titelseiten-Thema für Wochen. Runde Tische wurden eingesetzt, Parlamente diskutierten über die Vorgänge, Papst Benedikt traf sich mit Missbrauchsopfern. Es wurde entschuldigt, es gab Telefon-Hotlines, bei denen sich Betroffene melden konnten, und es wurden in Deutschland und weltweit erhebliche Entschädigungszahlungen für erlittenes Unrecht ausgezahlt. Immer noch ein Tropfen auf den heißen Stein, könnte man sagen. Wahrscheinlich. Wie viel Geld kann die psychischen Schäden bei Missbrauchsopfern überhaupt wieder heilen? Niemand prügelte seinerzeit so massiv auf die Katholische Kirche als Gesamtheit ein, wie die Grünen.

Der Zölibat sei schuld, die Kirche müsse sich nun der modernen Zeit öffnen und dürfe kein abgeschotteter Männerclub mehr bleiben. Kaum ein Spitzengrüner, der seinerzeit nicht genau wusste, was die Kirche nun tun müsse. Die unnachahmliche Claudia Roth zeigte sich "erschrocken" über die "Unfähigkeit der katholischen Kirche, mit dem Missbrauchsskandal angemessen umzugehen". An ihren Taten sollt Ihr sie erkennen, und an ihren Worten sollt ihr sie messen. Liebe Grüne, nun zeigt der Republik, wie man einen solchen Skandal anständig und offen bewältigt!


Heute sprechen Grüne im Zusammenhang mit Jungen plötzlich von Scham, wo sie früher nur Schamlosigkeit kannten. Mein Eindruck ist: Für die Probleme und Nöte von Jungen fehlt der grünen Partei bis heute jegliche Empathie. Wenn diese Partei ihre Scham und ihr Entsetzen über ihre eigene Kaltschnäuzigkeit ernst meinen, dann ist es dringend geboten, dass sie auch auf die maskulistischen Verteidiger dieser Jungen zugeht, für ihre früheren bodenlosen Aggressionen um Verzeihung bittet und nach einem Weg sucht, unsere Gesellschaft gemeinsam für Jungen zu verbessern. Solange in dieser Hinsicht selbst das kleinste Signal ausbleibt, gibt es für die Grünen nur eine passende Bezeichnung: Heuchler.

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