Freitag, August 26, 2016

Vermischtes vom 26. August 2016

1. Hillary Clintons Mädchen für alles wird zum Problem berichtet Spiegel-Online. Aber weil es nun mal Spiegel-Online ist, lässt die News-Plattform einen Großteil dessen weg, was den Fall besonders pikant macht. Als nämlich die New York Post den Fall vor ein paar Tagen aufdeckte, ging es maßgeblich darum, dass die engste Vertraute der international mächtigsten Feministin selbst ganz bemerkenswert positioniert ist, wenn es um Frauenrechte geht.



2. Das Thema Gina-Lisa Lohfink dürfte weiter aktuell bleiben, nachdem die Verleumderin gestern Berufung gegen das vor einigen Tagen ergangene Gerichtsurteil angekündigt hat. Nun äußert sich der ehemalige Richter am Oberlandesgericht Detlef Burhoff dazu.

Don Alphonso hat für die Frankfurter Allgemeine weiterrecherchiert, was die teils sehr dubiosen politischen Unterstützer von Gina-Lisa Lohfink angeht und präsentiert seine Ergebnisse in dem Artikel Mit 170.000 Euro Steuergeld: GinaLisa zum Opfer machen. (Herzlichen Dank für die Verlinkung von Genderama!)

Gestern hatte ich ja schon den Artikel des Strafverteidigers Alexander Stevens in der Legal tribune verlinkt. Dieser Beitrag ist jetzt mit noch einmal zugespitzter Überschrift in der Huffington Post erschienen: Frau Schwarzer, mit Ihrem blanken Männerhass sind Sie der Skandal. Es ist Jahrzehnte her, dass der Männerhass Schwarzers in einem bekannten Medium so deutlich kritisiert wurde.

Auch Anne Wizorek hat sich inzwischen zum Prozessausgang geäußert (erhält aber dafür weit weniger massenmediale Aufmerksamkeit als Schwarzer). Der Blogger "Aranxo" zerpflückt Wizoreks Text hier.



3. Wer als Mann "Geschlechterrollen sprengen" möchte, sollte sich im Klaren darüber sein, dass er die massivsten Sanktionen entgegen sämtlicher feministischer Propaganda vom weiblichen Geschlecht erfahren wird: Downdaten ist für Frauen tabu verrät Deutschlandradio Wissen: "Am liebsten heiraten sie immer noch Männer, die erfolgreicher sind als sie selbst und ökonomische Sicherheit bieten." (Die Opfer der Jungendiskriminierung ziehen also auch im Privatleben den Kürzeren.)



4. Eine britische Journalistin stelt fest, dass sie in Bars nicht angeflirtet wird, obwohl sie doch so verzweifelt darauf wartet, und schreibt einen Artikel darüber: Lads! Britain needs you to do your duty and get flirting. Schönster Satz des Beitrags:

British men need some encouragement, maybe even government intervention, to be more forward.


Eure Belästigungs-Hysterie ist ganz schön nach hinten losgegangen, Mädels, hm? Wir Männer haben uns inzwischen daran gewöhnt, dass man es euch so oder so nicht recht machen kann. Jetzt müsst auch ihr mit den Folgen klar kommen.



5. Die Universität Chicago überrascht mit einer klaren Ansage an Erstsemester: "Safe Spaces" braucht ihr hier nicht zu erwarten!



6. Außer mörderischem Hass auf Schwule hat Uganda noch einiges mehr zu bieten: zum Beispiel Genitalverstümmelung von Jungen als Touristenattraktion.



7. Kommen wir zur Post und damit heute zum Feuilleton. Einer meiner Leser schreibt mir:

In den USA wird gerade ein ausgesprochen interessanter Fall diskutiert, der vielleicht auch für Genderama von Belang ist.

Nate Parker, ein 36-jähriger afro-amerikanischer Schauspieler, präsentierte Anfang des Jahres seine erste Feature-Regiearbeit auf dem Sundance Festival, ein Film mit dem provokanten Titel "The Birth Of A Nation". [Warum dieser Titel provokant ist, erfährt man hier, A.H.] Der Film behandelt einen tatsächlich stattgefundenen Sklavenaufstand im Jahr 1831, angeführt von dem in Sklaverei geborenen Nat Turner, den Parker in seinem Film auch darstellt. Der Film wurde bei seiner Premiere stürmisch gefeiert, was neben der üblichen latenten Hysterie, die auf Festivals immer anzutreffen ist, auch mit seinem Sujet und seinem Ton zu tun hat: der Film wurde als "wütend" und "kompromisslos" rezipiert, und als erster großer Film eines Afro-Amerikaners verhandelt, dessen Hauptfigur, ein Sklave, aufbegehrt und eben nicht das sonst übliche Narrativ des nur leidenden Opfers erfüllt (wie etwa in "12 Years a Slave").

Nach der Premiere entwickelte sich ein medial gut dokumentierter Bieterwettstreit verschiedener Studios und Distributoren, den schliesslich Fox Searchlight für 17,5 Millionen Dollar für sich entschied. Der Film ist für die geschäftliche Seite von Hollywood gleich mehrfach interessant: Er wird als Ausnahmefall verhandelt, er fügt sich ideal in eine ja bestehende grossgesellschaftliche Debatte ein (siehe "Black Lives Matter" et al.) und eignet sich hervorragend als Vorzeigeobjekt für die nächsten Oscars (bei deren letzter Verleihung wieder Vorwürfe der Marginalisierung von nicht-weissen Filmschaffenden und "whitewashing" laut geworden waren. Sehr laut.). Dass der Film zudem sowohl den Grand Jury Prize sowie den Audience Award des Sundance gewann, war dann sogar nur noch ein schöner Bonus (der letzte Film, dem dies gelang, war "Whiplash" 2014, der dann für fünf Oscars nominiert wurde und davon drei gewann).

Nun steht das Toronto International Film Festival vor der Tür, das allgemein als Startschuss für die Oscar-Kampagnen der Studios gilt. "The Birth Of A Nation" ist dort natürlich im Programm, und vorab werden einige Screenings für ausgewählte Gäste und Kritiker in den USA abgehalten. Ein typischer Marketing-Ablauf für einen Film, den man zu Oscars pushen möchte.

Dummerweise poppt aber nun eine 17 Jahre alte Geschichte wieder hoch: Parker wurde mit 18 Jahren der Vergewaltigung beschuldigt, gemeinsam mit einem Freund, der für den Film ein "Story-by"-Credit bekommen hat. Es ist eine Geschichte, die nun EBENFALLS gut in ein herrschendes Narrativ und eine laute Debatte passt, der Rape Culture im allgemeinen und der angeblichen Vergewaltigungsepidemie an US-Colleges im speziellen. Denn Parker und sein Freund studierten damals an der Penn State University, und es geht (man sollte auch hier aufpassen, nicht alle Berichterstattungen, egal von welcher Seite, als vollkommen korrekt hinzunehmen) um ein betrunkenes Mädchen, mit dem die beiden auf einer Party sowie am Morgen danach Sex hatten. Inwiefern dies einvernehmlich war, darüber herrscht keine Einigkeit. Fakt ist allerdings, dass Parker in einem Verfahren freigesprochen wurde, sein Freund jedoch nicht - er wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Fakt ist auch, dass das Mädchen kurz nach dieser Geschichte einen Selbstmordversuch unternahm und sich Jahre später dann tatsächlich das Leben genommen hat.

Die Implikationen bis hierher brauche ich Dir und Genderama-Lesern nicht gross ausführen. Was die ganze Angelegenheit aber so interessant macht, ist, dass nun der Film selbst zum Gegenstand geworden ist. Erste Vorab-Screenings wurden soeben abgesagt, die Screenings in Toronto sollen stattfinden, ohne Anwesenheit von Parker, und auch Pressekonferenzen werden nicht abgehalten. Es gibt aber bereits lautstarke Stimmen, die das Festival, selbst in den letzten Jahren auch immer mehr zum Wortführer von crony feminism in der Filmbranche geworden, auffordern, den Film aus dem Programm zu nehmen. Ich rechne stark mit Demonstrationen und Störungsversuchen dort (und könnte, falls gewünscht, berichten, da ich vor Ort sein werde). Nun ist dies aber nicht lediglich ein Fall, an dem entlang man die Trennung von Künstlerperson und Kunstwerk debattieren könnte. Denn von Nat Turner – der Figur, die Parker spielt – ist nicht nur überliefert, dass er bewusst und "aus Rache" weisse Frauen vergewaltigt haben soll, auch im Film soll es eine (laut Berichten sehr brutale) Vergewaltigungsszene geben. Zusätzlich hat Parker mehrfach öffentlich erklärt, dass Turner eines seiner Idole ist. Dass er sich zudem auch noch wiederholt homophob geäussert hat und anti-semitisch geäussert haben soll, fügt dem bereits hochkomplexen Gebilde eine weitere Facette hinzu.

Aus Social-Justice-Wwarrior- und Intersektionalistensicht ist das ein quasi gar nicht mehr zu durchdringendes Gebräu. Und so sind sie bislang auch weitaus ruhiger und weniger massiv, als man es sich in simpleren Konstellationen (nur Weisse beteiligt plus unpolitischer Unterhaltungsfilm, man denke vielleicht auch an den Fall Woody Allen/Mia Farrow) vorstellen würde.


Mein Leser bietet eine Reihe vertiefender Links zu dieser Debatte an: zweimal Variety, den von Feministinnen und anderen Social Justice Warriors geprägten AV Club, Buzzfeed und Deadline. Aber ihr kennt mich: Wenn immer ich die Möglichkeit habe, eine Feministin zustimmend zu zitieren, nutze ich natürlich das. Deshalb verweise ich bei dieser Debatte auf Cathy Youngs Artikel in der Washington Post: Stop Calling Nate Parker a Rapist.

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